Konzilien

Und Einige kamen von Judäa herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr nicht beschnitten worden seid nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht errettet werden. Als nun ein Zwiespalt entstand und ein nicht geringer Wortwechsel zwischen ihnen und Paulus und Barnabas, ordneten sie an, dass Paulus und Barnabas und einige Andere von ihnen zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen sollten wegen dieser Streitfrage.

(Apg 15, 1 - 2)

Konzilien sind seit der Frühzeit der Kirche ein Weg, verbindliche Glaubensinhalte und Bekenntnisse festzulegen. Bereits kurz nach der Kreuzigung und Auferstehung Christi versammelten sich die Apostel, um sich darüber zu verständigen, ob das Christentum eine auf das Judentum beschränkte Angelegenheit ist, oder ob die christliche Heilsbotschaft allumfassenden Charakter hat – das sogenannte Apostelkonzil, das als Initialzündung des Konziliarismus gesehen werden kann.


Das Apostelkonzil

Das Sachproblem

Das auf dem Apostelkonzil verhandelte Sachproblem lautet zusammengefasst: Muss ein Heide erst Jude werden, um Christ sein zu können? Oder anders formuliert: Ist das Christentum ein Teil des Judentums oder nicht? Die Tora bietet für die Bekehrung von Heiden keinen Anhaltspunkt, da dieses Problem, das durch die Mission außerhalb von Judäa entstand, nicht vorgesehen ist.

Das Apostelkonzil und die Besuche des Petrus bezeugen, dass es in den ersten zwanzig Jahren nach Ostern neben Jerusalem noch mindestens eine zweite für die Entwicklung des Christentums wichtige Stadt neben Jerusalem gab: Antiochia.

Antiochia – drittgrößte Metropole des Römischen Reichs – spielte insofern eine Rolle, als es Ort war, an dem sich das Christentum zuerst von der Synagoge, und damit auch von der Auffassung, eine Splittergruppe innerhalb des Judentums zu sein, löste und auch Heiden aufnahm.

In Jerusalem war dieser Schritt nicht vollzogen worden; es gab dort auch nur wenige Nichtjuden zu dieser Zeit. Dass sich antiochenische Gemeinde nun als ein der Qualität nach neues, allein aus sich selbst zu definierendes Phänomen konstituierte, erregte das Missfallen der Jerusalemer Gemeinde, die damals rein judenchristlich war.

Der Auslöser für das sogenannte Apostelkonzil war nach Apg 15,1b, dass einige aus Judäa und Antiochia lehrten, dass nur der nach jüdischer Sitte Beschnittene gerettet werden könne. Daraus entstand ein Disput zwischen den „Heidenmissionaren“ Paulus und Barnabas und denen aus Judäa. Zur Klärung dieser Streitfrage wurden Paulus und Barnabas von der antiochenischen Gemeinde nach Jerusalem geschickt. Paulus selbst stellt dies im Galaterbrief freilich ein wenig anders dar: Er gibt als Grund für die Reise nach Jerusalem eine göttliche Offenbarung an.

Wie die Gruppe von Judenchristen und ihre Stellung in Jerusalem genau zu verorten ist, ist ungleich fraglicher. Vielleicht ist das Apostelkonzil als mittelbare Folge der Verfolgungen durch Agrippa I. im Jahre 42 n. Chr. zu sehen. Oder der Konflikt entstand dadurch, dass nun der Herrenbruder Jakobus das Leitungsamt der Jerusalemer Gemeinde übernommen hatte, der eine strenge Befolgung jüdischer Gebote forderte. Welche Rolle Petrus spielte, bleibt unklar.

Festzuhalten bleibt, dass von der Jerusalemer Gemeinde das Christentum als Teil des Judentums verstanden wurde. Die Frage nach der Beschneidung kam für sie überhaupt nicht auf, da unter dieser Prämisse eine beschneidungsfreie und somit torafreie Mission überhaupt nicht in Frage kam.


Das so genannte Aposteldekret:

Das Ergebnis des Apostelkonzils – das sogenannte Aposteldekret – ist in der Apostelgeschichte festgehalten:

„Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen als diese notwendigen Stücke:

euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und von Ersticktem und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, so werdet ihr wohl tun.“ (Apg 15,28-29)

Die Missionstätigkeit des Paulus wurde anerkannt - ebenso wie die Mission der Judenchristen unter Einhaltung der Vorschriften der Tora. De facto bedeutet dies eine Zweiteilung der Mission mit jeweils unterschiedlicher Stoßrichtung. Zu fragen ist, ob dies nicht eine Trennung des Christentums in einen Teil, der innerhalb des Judentums, und einen, der außerhalb dessen existiert, zur Folge hatte. Auch wird das Problem der Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden – etwa beim christlichen Agape-Mahl – nicht gelöst. Wenn dieses jüdische Verbot weiterhin bestanden haben sollte, dann resultiert daraus eo ipso schon eine Zweiteilung der Gemeinde.


Das Konzil von Nizäa

Das Konzil von Nizäa im Jahre 325 n. Chr. gilt als das 1. Konzil. Die Einberufung ist die Reaktion auf den arianischen Streit. Wann dieser seinen Anfang nahm, kann heute nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden. Auch der eigentliche Inhalt des Streits ist heute unklar. Lediglich die Tatsache, dass der Streit ursprünglich eine interne Auseinandersetzung innerhalb der alexandrinischen Gemeinde gewesen ist, gilt als gesichert. Die Grundanschauung des Arius lässt sich jedoch aus zeitgenössischen Schriften rekonstruieren.

Arius, Presbyter der Gemeinde von Alexandrien, war der Ansicht, dass nur Gott allein wahrer Gott sein könne, weil er allein nicht geschaffen worden sei. Er konstatiert von diesem Standpunkt ausgehend die Lehre von den drei göttlichen „Hypostasen“ (Substanzen). Arius behauptete beispielsweise, der Sohn Gottes müsse aus dem Willen Gottes gezeugt worden sein und sei deshalb keinesfalls wesensgleich mit dem Vater. Außerdem habe es eine Zeit gegeben, in der der Sohn nicht existiert habe.

Mit dieser Lehre beschwor Arius den Widerstand Alexanders, des Bischofs von Alexandrien, herauf, der zur Klärung der Frage im Jahr 325 ein Konzil nach Alexandrien einberief. Arius wurde verbannt und seine Lehre verurteilt. Allerdings hatte er zu diesem Zeitpunkt schon einflussreiche Anhänger, wie z.B. Eusebius von Cäsarea, die seine Lehre weiter verbreiteten und Arius Unterschlupf gewährten. Wegen seiner Nähe zu Arius war auch Euseb von dem Konzil von Alexandrien vorläufig exkommuniziert worden.

Die Christenheit drohte an diesem Streit auseinanderzubrechen, was Kaiser Konstantin auf den Plan rief. Er war um die Einheit der Kirche besorgt, die für ihn eine herrschaftssichernde Funktion innehatte. Daher schrieb Konstantin Briefe sowohl an Arius als auch an Alexander von Alexandrien, worin er beide zur Vernunft mahnte und ihre Haltung tadelte. Außerdem berief Konstantin das Konzil von Nizäa ein, das den arianischen Streit beenden sollte.

Den formellen Vorsitz des Konzils führte vermutlich Konstantin selbst, was zeigt, wie sehr ihm an einer schnellen Lösung des Konflikts gelegen war.

Gleich zu Beginn der Synode nutzte Eusebius die Gelegenheit, um sich zu rehabilitierten, indem er ein Bekenntnis ablegte, das als orthodox gelten konnte. Dieses Bekenntnis Eusebs geht offenbar auf ein altes gemeindliches Taufbekenntnis zurück. Es wurde von der Synode gebilligt und vom Kaiser angenommen, der es vermutlich von einer Kommission zusammen mit anderen Bekenntnisvorschlägen zu einem einheitlichen Bekenntnistext zusammenfassen ließ. Daraus ließe sich auch die z.T. ungeschickte Textgestaltung des letztendlichen Synodenbeschlusses, des Nicaenums, erklären.


Das Konzil von Konstantinopel (2. Konzil)

Vorgeschichte

Im Jahre 378 endete Roms Gotenfeldzug mit dem Tod des Kaisers Valens (364-378) . An dessen Stelle rückte am 19. Januar 379 der Spanier Flavius Theodosius nach. Ihm gelang es das gewaltsame Vordringen der Goten in ein „friedliches“ umzuwandeln, indem er ihnen durch einen Vertrag zugestand, sich an den nördlichen Grenzen des Römischen Imperiums anzusiedeln.

Auch kirchenpolitisch war die Lage brisant. Während sich im Westteil des Reichs die nizänische Lehre weitestgehend durchgesetzt hatte, tauchten im Osten des Römischen Reiches immer wieder neue, von den Grundsätzen des Konzils von Nicäa stark abweichende Lehren auf, die die von Konstantin hergestellte Einheit der Kirche gefährdeten und offen gegen die Beschlüsse von Nizäa opponierten. Gegen Bischöfe, die diesen Lehren zugetan waren, war Valens mit Härte vorgegangen: er setzte sie ab oder schickte sie gar ins Exil. Unmittelbar nach dem Tod des Valens erließ jedoch Gratian, der Kaiser Westroms ein „Toleranzedikt“, das zur Folge hatte, dass die Vertreter der verschiedenen theologischen Lehrmeinungen sich bemühten, die Bischofsstühle mit ihren eigenen Leuten zu besetzen und auf diese Weise rasch wieder großen Einfluss erlangten. Die Kirche des Ostens entfernte sich zunehmend von der weströmischen Kirche.

Dies änderte sich mit der Einsetzung Theodosius' grundlegend. In seinem Rundschreiben „cunctos populos“ (28. Februar 380) legt er sein religionspolitisches Grundsatzprogramm vor: Grundlage für die Neuordnung der Kirche könne nur der Beschluss von Nizäa sein. Ziel dieser Neuordnung sei die Wiederherstellung der Glaubenseinheit mit dem Westen.

Der einflussreichste Mann der Ostkirche war Meletius, Bischof von Antiochia. Er selbst stand den Beschlüssen von Nizäa nahe und hatte bereits im Jahr 379 eine Synode von 150 Bischöfen einberufen, die seine Lehrmeinung teilten. Diese Synode bekannte sich klar zu den Beschlüssen von Nizäa. Theodosius, der die gesamte Kirche auf ein gemeinsames Bekenntnis verpflichten wollte, betraute nun Meletius mit der Vorbereitung eines Reichskonzils. Meletius lud aber wieder lediglich Bischöfe ein, die seine Lehrmeinung teilten. Durch das Einwirken des Kaisers konnte zumindest die Einladung einiger weniger westlicher Bischöfe erreicht werden, die allerdings erst verspätet in Konstantinopel eintrafen. Diese Art der Einladung hatte zur Folge, dass die Synode von Konstantinopel lange Zeit von der Westkirche nicht als Ökumenisches Konzil betrachtet wurde.


Der Verlauf und das Ergebnis des Konzils von Konstantinopel

Alle angereisten Bischöfe wurden zunächst von Theodosius im Bischofspalast empfangen, das eigentliche Konzil tagte in einer Basilika außerhalb des Palastes ohne Beisein des Kaisers. Kurz nach Eröffnung des Konzils verstarb Meletius allerdings überraschend. Infolgedessen übernahm Gregor von Nazianz die Leitung der Synode. Neben einigen anderen Fragen, die die Neubesetzung von Bischofsstühlen betrafen, stritt man nun über ein trinitarisches Bekenntnis, das für die gesamte Kirche von letzter Gültigkeit sein sollte.

Man einigte sich auf einen Text, der das Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist als ein Wesen Gottes in drei Seinsweisen beschrieb.

Das Konzil von Ephesus (431 n. Chr.)

In der gewaltigen Marienkirche von Ephesus tagte 431 n. Chr. das dritte Konzil. Es beschäftigte sich mit der Rolle der Maria, der Mutter Jesu. Die Verortung in Ephesus hängt mit der dort starken Marienverehrung zusammen, die sicherlich deshalb auf so fruchtbaren Nährboden fiel, weil in Ephesus in Gestalt der Artemis Ephesia und des Artemisheiligtums seit jeher eine weibliche Gottheit große Verehrung erfahren hatte.

im Konzil von Ephesus wurde nun Maria endgültig zur Gottesgebärerin (gr. theotokos) erklärt. Zum Streit und letztlich zu Abspaltung der „Nestorianer“, bzw. „Assyrischen Kirche des Ostens“ kam es, weil sie in Maria lediglich die Christusgebärerin sehen wollten (gr. Christotokos). Bis heute gibt es eine Gruppe nestorianischer Christen (aktuelle Schätzungen: 150.000 - 200.000 Mitglieder).

Das Konzil von Chalcedon (451 n. Chr.)

Mit der Natur Jesu Christi befasste sich 120 Jahre nach dem Konzil von Ephesus das 4. Ökumenische Konzil, das in Chalcedon zusammenkam. Die Christenheit ringt um die Frage, inwieweit Jesus Christus als menschlich oder göttlich anzusehen ist. Am Ende des Konzils steht ein Kompromiss, formuliert als Bekenntnis von Chalcedon, das deutlich die Grenzen von sprachlichem Ausdrucksvermögen zeigt, wenn es darum geht, theologische Wahrheiten auszudrücken. Das Konzil einigt sich auf eine Bekenntnisformulierung, die Jesus Christus zwei Naturen (duo physeis) zuspricht, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Jesus ist zugleich wahrer Mensch und wahrer Gott. Dies führt zur Abspaltung der oft als Monopyhsiten (von gr. monh physis  = eine Natur) bezeichneten Christen, die Christus ein ausschließlich göttliches Wesen zusprechen. Die Armenisch-Apostolische Kirche, die Koptisch-Orthodoxe Kirche und die Syrisch-Orthodoxe Kirche (vgl. unseren Aufsatz zum Tur Abdin) gehören zu diesen nicht-chalcedonensischen „Kirchen der drei Konzilien“.